Herz 23: 281, (1998)

"Die Zitrone ist ausgequetscht"

Sigmund Silber

München

"Die Zitrone ist ausgequetscht", sagte Herr Bundesminister Horst Seehofer anläßlich eines Diskussionsforums am 27.4.98 in München. "Man muß der Wahrheit ins Auge sehen, das Sparen ist ausgereizt". Ein Rückgang der Arbeitslosigkeit würde zwar zu einer Entspannung der Situation beitragen, stelle aber keine Lösung dar. Dies ginge auch aus den Gesetzesänderungen von 1989 und 1992 hervor, die trotz der damaligen Definition von "Vollbeschäftigung" keine Erleichterung gebracht hätten. Die Bürger müßten sich eine einfache Frage stellen: Soll das jetzige medizinische Niveau gehalten werden oder nicht ? Wenn ja, dann müssen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Höhere Finanzabgaben sind nicht mehr zumutbar. Für den Fall einer Wiederwahl der jetzigen Koalition bleibt festzuhalten, daß die Zuzahlungen nicht zurückgenommen werden.

Dem gegenüber betonte Herr Prof. M. Pfaff (SPD), daß es beim Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzip bleiben müsse. Er appellierte vor allem an die Eigenverantwortung der Bürger, sich längerfristig einer gesunden Ernährung zu widmen. Die Eigenverantwortung der Bürger müsse sich weniger in Zuzahlungen sondern mehr in gesundheitsbewußterem Verhalten äußern. Für den Fall einer Regierungsbildung stellte er in Aussicht, während der ersten 100 Tage nach dem 27.9.98 Zuzahlungen zurückzunehmen. Der Rücknahme der Zahnersatzregelung könne er allerdings nur bei Jugendlichen zustimmen.

Frau M. Knoche (Bündnis 90 / Die Grünen) stellte fest, daß 25 Milliarden "strukturimmanent" fehlen. Die jetzige Budgetierung ist nur bedingt tauglich. In einer von ihrer Partei angestrebten Gesundheitsreform soll eine Regionalisierung ausgeschlossen werden. Die traditionell getrennten Bereiche ambulant / stationär sowie kurativ / Rehabilitation müssen zusammengeführt werden. Dies kann allerdings nur anhand staatlicher Regelungen geschehen. Die Krankenhäuser müssen für ambulante Leistungen geöffnet werden, Praxen allerdings sollten im Krankenhausbedarfsplan berücksichtigt werden.

Herr Dr. W. Weng (FDP) betonte, daß bestimmte Leistungen im Einzelfall ausgegrenzt werden müssen. Es müsse mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen eingeführt werden, dies aber parallel zur gesteigerten Eigenverantwortung der Versicherten. Ziele der FDP sind Steuersenkung, weniger Planwirtschaft - allerdings sei nicht alles und überall bezahlbar.

Autor:
Prof. Dr. med. S. Silber
Herzkatheterlabor der
Kardiologischen Gemeinschaftspraxis in der Klinik Dr. Müller
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